Die Zen-Praxis im Sitzen (Za-Zen)

“Sitz fest gegründet im samadhi und denke nicht-denkend. Wie denkst du nicht-denkend? Indem du jenseits des Denkens gehst. Das ist die Kunst des Zazen. Bei Zazen geht es nicht darum, Konzentration zu erlernen; Zazen ist das Dharma-Tor zu Freude und Frieden, reine Erleuchtungspraxis.“ (Dogen, Zazen-gi)


Die Sitzmeditation (Za-Zen) ist die grundlegende Zen-Praxis. Im Soto-Zen heißt sie shikantaza, Nur-Sitzen. Lehrer:innen und Meister:innen können dich dabei unterstützen, doch letztlich musst du es selbst ausprobieren und herausfinden, was gut für dich ist. Zazen üben wir auf drei Ebenen: in der Körperhaltung, im Atem und in der geistigen Haltung.

viertel lotusNimm eine gute, bequeme Sitzhaltung ein, die für deinen Körper passt. Das kann ein voller oder halber Lotussitz, ein Viertellotus, ein burmesischer oder der Knie-Sitz sein, du kannst aber auch auf einem Stuhl sitzen, im unteren Rücken vielleicht ein Stützkissen, die Oberschenkel waagerecht und die Füße bequem auf der Erde. Lass deinen ganzen Körper auf dem Kissen oder auf der Erde ruhen. Der Rücken sollte gerade sein, der untere Rücken ein klein wenig nach vorn durchgedrückt.

Der Kopf ist aufrecht, er ruht auf der Wirbelsäule (vielleicht musst du dafür das Kinn ein wenig zurückziehen). Die Schultern dürfen entspannt hängen, doch der Brustkorb bleibt frei. Dein Körper ruht sanft und entspannt und ist gleichzeitig präsent, aufgerichtet und fest.

Wenn die Beine einschlafen, kannst du deine Position leicht verändern, um den Druck zu verringern. Manchmal fühlst du vielleicht Spannungen im Körper, besonders im Nacken, in den Schultern oder im unteren Rücken. Geh mit deiner Aufmerksamkeit zu den verkrampften Muskeln und nimm einfach die Spannung wahr. Manchmal ist es hilfreich, sich vorzustellen, dass der Atem in diesem Teil des Körpers heilend und lösend ein- und ausgeht. Dann lass einfach los in offenem Gewahrsein. Gedanken kommen und gehen, das ist natürlich, lass sie gehen und halte an nichts fest. Vielleicht entsteht Hitze, vielleicht ein Kribbeln oder ein Kratzen im Hals, alles ist in Ordnung.

handhaltungDie Hände liegen im Zen-Mudra ineinander und ruhen am Unterbauch. Wen das zu sehr anstrengt, kann seine Hände auf dem Unterbauch ablegen.


seizaBei Zazen geht es nicht um Trance, deshalb lassen wir die Augen ganz leicht geöffnet. Wir bleiben im Hier und Jetzt und nehmen wahr, was in uns und um uns herum geschieht. Wir schauen auf den Boden, doch der Blick zieht sich allmählich nach innen. Wenn das unangenehm ist, kann man auch vorübergehend die Augen schließen, bis sie sich entspannen. Lass dich nicht in eine Trance fallen, bleib wach.

Während der Geh-Meditation (kin-hin) bleibt der Körper leicht und flexible, ohne sich irgendwie anzustrengen. Nimm einfach bewusst deinen Körper und deine Gehbewegungen wahr, deinen Atemrhythmus, während du vor dich auf den Boden schaust, die Hände im kin-hin-Mudra.

Dein Atem spiegelt deine grundlegende Haltung zum Leben wider. Im Zen versucht man nicht, den Atem zu kontrollieren, sondern man atmet ganz natürlich, wobei es hilfreich sein kann, die Aufmerksamkeit auf das Ausatmen zu lenken. Atme lang, sanft und stetig aus, lass den Atem dann von selbst wieder einfließen. Der Atem geht irgendwann bis in den Unterbauch hinein. Du kannst von eins bis zehn zählen, während du ausatmest; das kann hilfreich sein für tiefe Versenkung. Nach einer Weile wird diese Art des Atems ganz natürlich kommen, daher streng dich nicht an und forciere nichts.

Zazen, wie Dogen schon sagte, hat nichts zu tun mit Tun oder Erreichen-Wollen. Es ist keine Methode oder Technik, mit der man ein bestimmtes Ergebnis erzielt. Zazen ist nicht einfach Konzentration oder samadhi oder ein tranceartiger Zustand. Die Körperhaltung im Zazen ist eine Art Tür, die in den Zen-Geist hineinführt. Doch Zazen ist mehr als eine Körperhaltung oder ein besonderes Erleben oder ein besonderer Geisteszustand. Zazen ist eine Form der heilenden Bejahung, reines Sein und Sein-Lassen. Wenn du Zazen übst, praktiziert das Universum selbst Zazen, Buddha selbst ist es, der da sitzt. Zazen überschreitet alle Zeiten und Räume und ist zugleich zeitlos und raumlos.